Ohne Fleiß, kein Preis?

Es ist noch nicht allzu lange her. 1975 um genau zu sein. Ein 200 – in Worten ZWEIHUNDERT – Jahre altes Recht wird reformiert. Das Ehe- und Familienrecht. Es schafft die rechtliche Grundlage für eine gleichberechtigte Partnerschaft in der Familie. ENDLICH. Theoretisch zumindest. Der Ehemann (bzw. Vater) ist nicht mehr länger Oberhaupt der Familie und darf seiner Frau nicht mehr verbieten, berufstätig zu sein. Ein, wie ich finde, ganz wichtiger Meilenstein für unsere heutige Arbeitswelt. Gar nicht mehr anders vorstellbar, oder?

Zugegeben, das geschah (vielen Dank dafür!) vor meiner Zeit. Die Vorstellung, nicht selbst entscheiden zu dürfen, ob ich arbeiten gehen möchte oder auch der Gedanke von (finanzieller) Abhängigkeit, verschaffen mir Gänsehaut.

Seither hat sich einiges mehr getan, damit sich die bis dato benachteiligten Frauen am Arbeitsmarkt etablieren können (jedenfalls am Papier): Verbot der Benachteiligung bei der Entlohnung aufgrund des Geschlechts, Ausdehnung des Mutterschutzes, Beseitigung geschlechtsspezifischer Unterschiede in den Lehrplänen, usw.

Dennoch halten sich gesellschaftlich hervorgebrachte Rollenbilder und Geschlechterzuschreibungen bis heute. Männer haben oftmals (vielleicht auch unbewusst) noch den Status des bread-winners, während Frauen weitgehend als Zuverdienerin abgestempelt werden.

Mittlerweile erlangen zwar mehr junge Frauen als ihre männlichen Kollegen die Matura und auch bei den Studienabschlüssen sind Frauen den Männern voraus! Viele hochqualifizierte Frauen unterschätzen sich dennoch selbst. Sie bleiben bei Gehaltsforderungen weit hinter jenen der gleich qualifizierten Männer und arbeiten viel öfter in prekären Arbeitsverhältnissen.

Obwohl Frauen inzwischen auch bei den Unternehmensgründungen aufholen, bleibt das Bild des Entrepreneurs männlich konnotiert. Im Gegensatz dazu sind Haushalt und Care Arbeit in fester Frauenhand  – unentgeltlich und neben der Erwerbsarbeit! Darüber hinaus oftmals auch noch selbstverständlich und ohne ausdrücklicher Anerkennung (zumindest ein Danke zwischendurch wäre nett). Diese Doppelorientierung bringt keine Vorteile, im Gegenteil, sie impliziert doppelte Diskriminierung. Versuchen Frauen nämlich beides – Beruf und private Verpflichtungen – zu vereinbaren, bedeutet das Stress, wenig Zeit für eigene Bedürfnisse und Verschleiß von Lebenskraft.

Nehmen wir beispielsweise den Faktor Stress. Eine vermeintliche Annahme ist, dass Flexibilität und freie Zeiteinteilung diesem entgegenwirken können – verbreitete Gründe für Frauen sich selbständig zu machen. Klingt toll! Doch sieht in der Realität meist anders aus: Nach dem Frühstück und dem Starten der ersten Waschladung werden also Mails gecheckt, Telefonate erledigt und….ach du sch***, das Mittagessen ist einstweilen angebrannt, der Hund war auch noch nicht draußen und der Opa (oder die Schwiegermutter) braucht dringendst (!) etwas vom nächstgelegenen Supermarkt (der ohne unserer Hilfe bzw. unserem Fahrtendienst nicht so leicht erreichbar ist); es ist noch nicht einmal die Hälfte der To-Do-Liste abgehakt, da sollen die Kinder abgeholt bzw. am Nachmittag wieder irgendwo abgeliefert werden, zwischendurch sind zwei Stunden Zeit um die Büroarbeit wieder aufzunehmen, währenddessen läutet ständig das Handy, dazu kündigt sich noch Besuch der besten Freundin an, und um dieser nicht – wie so oft – absagen zu müssen, wird die Arbeit auf den Abend verschoben. Sind am Abend dann endlich alle versorgt und zufrieden („Schatzi, heute nicht, ich habe noch zu tun.“) wird nochmal am Schreibtisch Platz genommen (oder Küchentisch – wo war jetzt nochmal das Notizbuch? Gefunden. Fettrückstände und Brösel deuten darauf hin, dass es zum Tellerersatz umfunktioniert wurde). Eigentlich viel zu erledigt vom ganzen Tag wird wieder einmal eine Nachtschicht eingelegt. Irgendwann kommt vielleicht die Einsicht, dass frau sich die Selbständigkeit anders vorgestellt hat. Leichter. Weniger stressig?

Natürlich haben nicht alle Kinder, Familie oder Betreuungspflichten, aber die Schnelllebigkeit und ständige Erreichbarkeit, die erwartet wird, prüfen die Stressresistenz ebenso.

All das soll kein Vorwurf an die Männer bzw. Väter sein. Es ist nun mal unumstritten, dass männliche Kollegen besser verdienen (die Gründe des Gender Pay Gaps sind nach wie vor nicht restlos geklärt!), sie bestenfalls im Haushalt mithelfen und bei der Erziehungsarbeit von männlicher Seite nur die Hälfte der Zeit, gegenüber jener von Frauen aufgebracht wird (auch dann, wenn beide zu gleichen Teilen erwerbstätig sind). Diese Form der Arbeitsteilung wird im Alltag ständig reproduziert und aufrechterhalten (ohne einen Gedanken daran zu verschwenden). Außerdem zeigen Studien, dass es vor allem Mütter sind, die ihre Erwerbstätigkeit nach der Geburt eines Kindes unterbrechen und Teilzeit in den Arbeitsmarkt zurückkehren. Das berufliche Engagement von Männern hingegen wird von der Geburt eines Kindes kaum beeinflusst. War ja immer schon so…

Aber gut, da diese Umstände nicht von heute auf morgen zu ändern sein werden, versuchen wir das Beste aus dieser Situation herauszuholen. Seien wir stolz! Stolz darauf, trotz dieser zusätzlichen Herausforderungen erfolgreich zu sein. (Schulterklopfen nicht vergessen, wenn es andere schon nicht tun!).

Zurück zum völlig überladenen Küchentisch (aka Schreibtisch-Ersatz). Wie schön es doch wäre, in einem großen, lichtdurchfluteten Büro zu sitzen. Raus aus den eigenen vier Wänden. Keine (oder zumindest weniger) Gedanken an die hundert Dinge verschwenden, die neben dem Job noch erledigt werden wollen. Und alle (Hund, Kind, Großeltern) die Betreuung benötigen, gut versorgt zu wissen. Sich einfach nur auf die Arbeit konzentrieren zu können. Vielleicht die Möglichkeit zu haben, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Gemeinsam Ideen zu entwickeln. Sich gegenseitig zu fördern. Probleme zu lösen. Und im besten Fall alles erledigt zu haben, das frau sich für den Arbeitstag vorgenommen hat. Am Abend die Zeit mit der Familie zu verbringen oder sich mit sich selbst zu beschäftigen. Ein gutes Buch lesen. Freundschaften pflegen. Abschalten. Nichts tun. (Das wird anfangs gar nicht gelingen!)

Wie schön zu wissen, dass es diese Möglichkeiten dank FRAU iDA jetzt gibt. Warum sich das (Arbeits-)Leben also nicht erleichtern, verschönern, angenehmer gestalten?

Nützen wir doch das Netzwerk der vielen erfolgreichen Unternehmerinnen, um uns gegenseitig auszutauschen und zu unterstützen oder die Möglichkeit, uns von erfahrenen Mentorinnen begleiten zu lassen.

Und eines möchte ich auch noch anmerken: Es geht um die Annahme von Komplimenten. Für die einen total normal, für die anderen total unangenehm. Auf die Aussage: „Schön, dass du so erfolgreich bist!“, folgt oftmals „Ich hatte einfach Glück.“ oder „Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort.“ NEIN! Stehen wir doch einfach zu unseren unternehmerischen Fähigkeiten, unserem Know-How und der vielen harten Arbeit, die dahintersteckt! Und zwar ohne schlechtes Gewissen. Danke sagen, stolz sein und sich über Erreichtes freuen! (Obacht: Schulterklopfen ;))

am 20. April 2020
Kategorien:
Auf Facebook teilen

Das könnte dich auch interessieren