Gesunder Beckenboden


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Stärkung der inneren Mitte

Der Beckenboden – ein oft übersehener, aber enorm wichtiger Teil unseres Körpers. Viele Menschen denken erst an ihn, wenn Probleme auftreten: Rückenschmerzen, Inkontinenz, ein Druckgefühl im Unterleib oder nach einer Geburt. Doch ein gesunder Beckenboden ist für alle wichtig – unabhängig von Alter oder Geschlecht.

Was ist der Beckenboden eigentlich?

Der Beckenboden ist eine mehrschichtige Muskelplatte, die wie ein Trampolin zwischen Schambein, Steißbein und Sitzbeinhöckern gespannt ist. Er trägt die inneren Organe, unterstützt die Wirbelsäule und spielt eine zentrale Rolle bei Kontinenz, Atmung, Sexualität und innerer Stabilität.

Warum ist ein gesunder Beckenboden so wichtig?

1. Hält alles an Ort und Stelle

Der Beckenboden stützt Blase, Gebärmutter (bei Frauen) und Darm. Wenn er geschwächt ist, kann es zu Senkungen dieser Organe kommen – was nicht nur unangenehm, sondern langfristig behandlungsbedürftig sein kann.

2. Kontrolle über Blase und Darm

Ein trainierter Beckenboden hilft, Urin und Stuhl bewusst zu halten und loszulassen. Besonders nach Schwangerschaften, im Alter oder bei bestimmten Sportarten kann dies ein Thema werden.

3. Kraft aus der Körpermitte

Der Beckenboden arbeitet eng mit Bauch-, Rücken- und Zwerchfellmuskulatur zusammen – er ist ein Teil unserer “Core”-Muskulatur. Ein gesunder Beckenboden sorgt für eine bessere Körperhaltung, mehr Stabilität und kann sogar Rückenschmerzen lindern.

4. Sexualität

Ein gut durchbluteter, elastischer Beckenboden verbessert die sexuelle Empfindsamkeit und Lust. Für Frauen und Männer.

Stärken – Spüren – Entspannen: Die drei Säulen der Beckenbodengesundheit

1. Stärken

Gezieltes Beckenbodentraining kann erstaunlich effektiv sein – oft reichen wenige Minuten am Tag. Besonders hilfreich:
Hilfreich nach Geburt oder Operationen: Rückbildung und gezieltes Training sind essenziell.

Anspannen – Halten – Loslassen: Die Grundübung. Du spannst den Beckenboden sanft an (als würdest du den Urinstrahl stoppen), hältst die Spannung einige Sekunden und lässt wieder los.

Alltag integrieren: Beim Heben, Niesen, Lachen – Spannung bewusst einsetzen.

2. Bewusst wahrnehmen

Viele spüren ihren Beckenboden nicht – das ist normal, aber veränderbar.

  • Lege dich auf den Rücken und lege eine Hand auf den Unterbauch.
  • Atme tief ein – beim Ausatmen versuche, den Beckenboden sanft nach innen oben zu ziehen.
  • Spüre, was sich bewegt. Ohne Druck, mit Achtsamkeit.

3. Entspannen

Ein verspannter Beckenboden ist genauso problematisch wie ein schwacher.

  • Besonders bei Stress oder nach viel Sitzen kann sich Spannung im Beckenboden „festsetzen“.
  • Hilfreich: Tiefe Bauchatmung, Wärme, sanftes Dehnen, progressive Muskelentspannung.
  • Auch hier gilt: Weniger ist oft mehr. Sanftes Loslassen statt forciertes Dehnen.

Fazit: Dein Beckenboden verdient Aufmerksamkeit

Ein gesunder Beckenboden ist viel mehr als nur “Frauenthema” oder Rückbildung nach der Geburt. Er ist zentral für deine Körperkraft, deine Gesundheit – und dein Wohlgefühl. Gönn dir täglich ein paar Minuten, um diese wichtige Muskelgruppe bewusst zu trainieren, zu spüren und zu entspannen. Dein Körper wird es dir danken – spürbar.

Der Beckenboden als Teil des großen Ganzen – Faszien, Bewegung und Körperverbindung

Der Beckenboden ist nicht isoliert – er steht in enger Verbindung mit dem gesamten Körper über das myofasziale Netzwerk, das sich wie ein feines Spinnennetz durch unseren ganzen Organismus zieht. Besonders die tiefliegenden Faszienbahnen verbinden den Beckenboden mit dem Zwerchfell, dem Rücken, den Hüften und sogar bis in die Füße. Ein verspannter oder abgeschwächter Beckenboden kann sich daher auf Haltung, Beweglichkeit und Spannungsmuster im ganzen Körper auswirken. Umgekehrt beeinflussen auch unsere Atmung, unser Gangbild und selbst die Fußstellung die Funktion des Beckenbodens. Beweglichkeit und Stärke entstehen also nicht durch isoliertes Training einzelner Muskeln, sondern durch ein bewusstes Zusammenspiel – mit dem Beckenboden als stabilem Ausgangspunkt jeder Bewegung. Daher sollten auch ganzheitliche Bewegungskonzepte wie Yoga, Pilates, Faszien- oder Krafttraining integriert werden um das System zu stärken.

Frausein, Spüren und emotionale Stabilität – der Beckenboden als innerer Anker

Für viele Frauen ist der Beckenboden mehr als nur eine Muskelgruppe – er ist ein Zentrum der Kraft, ein Ort des Spürens und ein tief verbundenes Element weiblicher Identität. Hier liegt nicht nur körperliche Stabilität, sondern auch eine emotionale. Wenn wir unseren Beckenboden bewusst wahrnehmen, uns mit ihm verbinden, kommen wir in Kontakt mit unserer inneren Mitte – fernab vom äußeren Funktionieren. Diese bewusste Verbindung kann helfen, Gefühle besser zu regulieren, sich geerdeter zu fühlen und Stress loszulassen. Gerade in Phasen hormoneller Veränderungen (wie Menstruation, Schwangerschaft oder Wechseljahre) wirkt ein entspannter und gleichzeitig kräftiger Beckenboden stabilisierend – körperlich wie seelisch. Spüren heißt präsent sein – und Präsenz ist ein kraftvoller Ausdruck von Frausein.

Geschrieben von:
Jasmin Wagner, BSc
Physiotherapeutin

https://physiojasmin.at/