Gender Pension Gap


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Der stille Preis der unbezahlten Arbeit

Am 6. August ist Equal Pension Day in Niederösterreich

Der 6. August 2025 markiert in Niederösterreich den „Equal Pension Day“. Das bedeutet, rein statistisch betrachtet haben in Niederösterreich wohnhafte Männer an dem Tag bereits so viel Pension erhalten, wie niederösterreichische Frauen bis Jahresende. Oder anders gesagt: Es ist der Tag, ab dem Frauen keine Pension mehr bekommen. Dahinter steckt eine Differenz bei den Alterspensionen von mehr als 40 Prozent: Frauen beziehen eine durchschnittliche Pension in der Höhe von nur 1.585 Euro pro Monat, während Männer durchschnittlich eine monatliche Pension von 2.641 Euro beziehen.
Innerhalb Österreichs gibt es große Schwankungen bei der geschlechtsspezifischen Pensionslücke: Im Westen ist sie tendenziell größer als im Osten. Somit gibt es unterschiedliche Equal Pension Days in den Bundesländern. Der österreichweite Equal Pension Day findet am 7. August statt, was sich aus einer Differenz von 39,8 Prozent bei den Pensionen ergibt.

WIE KOMMT ES ZU DIESER ENORMEN LÜCKE?

Daran, dass Frauen weniger arbeiten, liegt es sicherlich nicht. Die aktuelle Zeitverwendungsstudie der Statistik Austria 2021/22 zeigt, dass Frauen insgesamt sogar mehr arbeiten als Männer: Denn Frauen zwischen 18 und 65 Jahren arbeiten täglich im Schnitt 7,6 Stunden, während erwachsene Männer in Österreich 7,4 Stunden pro Tag arbeiten. Es ist das (Un-)Verhältnis zwischen bezahlter und unbezahlter Arbeit, das schlagend wird und für Frauen massive Einkommenseinbußen sowie später Pensionsverluste zur Folge hat; denn von den 7,6 Stunden Arbeit, ist die meiste Zeit unbezahlt (4,3 Stunden bzw. rd. 57 Prozent). Bei den Männern hingegen ist nur ein Drittel unbezahlt (2,5 Stunden). Somit bleibt der weitaus größere Anteil für bezahlte Erwerbsarbeit über, durch welche existenzsichernde Einkommen und somit auch armutsfeste Pensionen generiert werden.

Da Frauen noch immer den Großteil der unbezahlten Arbeit wie Kinderbetreuung, Pflege von älteren und pflegebedürftigen Personen und Arbeiten im Haushalt übernehmen, bleibt nur mehr wenig Zeit für bezahlte Erwerbsarbeit. Somit arbeiten sie vorwiegend in Teilzeit – mittlerweile jede zweite erwerbstätige Frau in Niederösterreich. Bei den Männern arbeitet nur rund einer von zehn in Teilzeit und das meist freiwillig aus intrinsischen Gründen (Ausbildung, Hobbys), was eine Studie von L&R Sozialforschung im Auftrag der AK Niederösterreich (2020) zeigt. Zudem zeigt die Studie auch, dass mehr als 30 Prozent der weiblichen Teilzeitarbeitenden in Niederösterreich bereits zehn Jahre oder länger in Teilzeit beschäftigt sind. Besonders problematisch sind diese langen Teilzeitphasen für die spätere Pension.

Ein vollzeitnahes Erwerbsausmaß ist natürlich in Bezug auf die Einkommenshöhe und die spätere Pensionshöhe weniger schädlich als eine niedriges Erwerbsausmaß. Im Schnitt lagen 2024 die Normalarbeitsstunden weiblicher niederösterreichischer Teilzeitbeschäftigter bei nur 22,8 Stunden pro Woche. Hinzukommt, dass Frauen auch wenn sie Vollzeit arbeiten weniger verdienen als Männer. Um rund 16,5 Prozent verdienten Niederösterreicherinnen 2023 weniger als Männer – das sind 10.784 Euro, die eine Frau trotz Vollzeiterwerbstätigkeit weniger verdient. Hintergrund ist vor allem die schlechtere Bewertung von Branchen, in denen vorwiegend Frauen beschäftigt sind –  wie beispielsweise der Handel, die Pflege, die Kinderbetreuung oder körpernahe Dienstleistungen. Selbst wenn der Gender Pay Gap – also die geschlechtsspezifische Einkommenslücke – bereinigt wird um erklärende Faktoren wie Branche, Beruf, Betriebszugehörigkeit, bleiben rund zwei Drittel über, die nicht nachvollzogen werden können. Es verhärtet sich daher der Verdacht, dass die verbotene Diskriminierung beim der Festsetzung des Entgelts aufgrund des Geschlechts (u.a. § 3 Z 2 GlBG), doch wesentlich verbreiteter ist, als gedacht. Eine Einkommensdiskriminierung aufgrund des Geschlechts wird jedoch nur selten auch aufgedeckt. Dabei entsteht nicht nur ein unmittelbarer Schaden für Frauen durch das entgangene Entgelt, sondern es erfolgen auch zu niedrige Gutschriften am Pensionskonto!

WELCHE LÖSUNGEN GIBT ES, DAMIT FRAUEN ARMUTSFESTE PENSION ERREICHEN?

Vielfach wird das Pensionssplitting als die „Wunderwaffe“ schlechthin genannt. Grundgedanke ist: Männer – mit dem vergleichsweise höheren Einkommen –   sollen einen Teil ihrer Pensionsgutschriften der erziehenden Partnerin übertragen. Hierbei gibt es aber einige kritische Einwände. Denn einerseits vertieft das Pensionssplitting dominierende Vorstellung geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung, andererseits transferiert es ein strukturelles Problem ins Private. Denn, dass Frauen – vor allem Mütter – in Teilzeit arbeiten hat auch zu tun mit unzureichenden Angeboten an öffentlichen Kinderbildungs-  und -betreuungsplätzen und leistbaren Pflege- und Betreuungsangeboten für Ältere. Frauen gleichen diese strukturellen Versäumnisse „aus Liebe und Fürsorge“ unentgeltlich aus, was ihnen später teuer zu stehen kommt. Außerdem ist Pensionssplitting nicht für alle Paare gleichermaßen günstig – besonders bei Niedrigverdiener:innen, die später kleine Pensionen beziehen, hat das Pensionssplitting keinen armutsreduzierenden Effekt, da es sich lediglich um eine innerfamiliäre Umverteilung handelt. Auch im Falle einer Scheidung bringt die Umverteilung durch das Pensionssplitting bei insgesamt sehr geringen Pensionsgutschriften häufig keine deutliche Verbesserung für Frauen (Stichwort Anspruch auf Ausgleichszulage).

Was es also braucht, ist eine gut ausgebaute Infrastruktur öffentlicher sozialer Dienstleistungen und verstärkte Anreize für mehr Partnerschaftlichkeit bei Haus- und Care-Arbeit (etwa durch stärkere Forcierung einer gerechten Aufteilung der Elternkarenz durch beide Elternteile oder familienfreundliche Arbeitszeitmodelle wie etwa das AK ÖGB Familienarbeitszeitmodell). Neben Maßnahmen, um beiden Elternteilen gleichermaßen gute Erwerbschancen zu ermöglichen, müssen Fraueneinkommen gestärkt werden; etwa durch die bessere Bewertung von frauendominierten Branchen, aber auch durch die Umsetzung des Grundsatzes gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit durch die Implementierung der EU-Lohntransparenzrichtlinie ins österreichische Recht als Maximalvariante.
Aber auch kurzfristig wirkende Maßnahmen braucht es dringend, um insbesondere Pensionistinnen aus der Armut zu holen – denn aktuell sind laut EU SILC 2024 rund  32 Prozent der alleinleibenden Pensionistinnen in Österreich von Armut bedroht. Zum Vergleich: Bei den alleinlebenden pensionierten Männern sind es „nur“ 16 Prozent und somit signifikant weniger. Die Anhebung des Ausgleichszulagenrichtsatzes (2025: 1.273,99 Euro für Ein-Personen-Haushalt) auf die Höhe der Armutsgefährdungsschwelle (aktuell: 1.661 Euro) wäre hierfür sicherlich ein richtiger Schritt.

Armutsgefährdung nach Geschlecht (2024)

Quelle: Statistik Austria (2025), EU-SILC 2024, eigene Darstelliung

Geschrieben von:
Mag.a Birgit Schön & Viktoria Reisinger, BA, MA
Arbeiterkammer NÖ